Der Klimawandel und die zunehmende Urbanisierung sorgen für immer mehr Hitze, was gerade in diesen Tagen spürbar ist. Einheimische und Touristen suchen daher nach Wegen, der direkten Sonnenstrahlung auszuweichen. Natürlich kann man die Strassenseite wechseln, doch das ist nicht immer möglich – und Google Maps bietet dazu auch keine Hilfe.
Das Proof-of-Concept „Vampir-Routing“, auch „Vampir-Modus“ genannt, löst dieses Problem mit einer neuartigen Technologie. Sie schlägt Fusswegrouten vor, die möglichst im Schatten verlaufen, denn Vampire meiden bekanntlich die Sonne um jeden Preis. Dabei nimmt wohl jeder auch einen kleinen Umweg in Kauf.
Der Nutzen ist vielschichtig: Stadtbewohnerinnen und Touristinnen profitieren im Sommer von kühleren Routen. Stadtverwaltungen können ihre Strategien zur Hitzereduzierung ergänzen. Und Tourismusdestinationen erhalten ein Werkzeug, um Lebensqualität und Besucherlenkung gleichzeitig zu verbessern.
Die innovative Applikation wurde von einem Informatikerteam rund um Prof. Stefan Keller von der OST Departement Informatik am Campus Rapperswil-Jona entwickelt. Sie vereint Methoden der Geoinformatik, der Klimatologie und der Raumplanung. Das Herzstück des Proof-of-Concepts besteht aus einer Kombination offener Daten und Open-Source-Software. Die Fusswege stammen beispielsweise aus OpenStreetMap, der weltweit führenden Quelle offener Kartendaten, die auch von Rettungsdiensten genutzt wird. Der Schatten wurde aus Punktwolken-Daten von swisstopo (swissSURFACE3D) berechnet. Damit wurde für eine bestimmte Tageszeit der Schattenwurf von Gebäuden und Bäumen auf Fusswege berechnet. Diese und weitere Kriterien fliessen in das OSM-Verkehrsnetz bzw. den Fussweg-Graphen der Anwendung ein.
Zur Demonstration wurde der „Vampir-Modus” für den 1. August um 16 Uhr für das Gebiet der Stadt Zürich ermittelt und auf den Servern der Swiss OpenStreetMap Association zur Verfügung gestellt. Radio SRF 1 (im Regionaljournal ZH/SH), SRF 3 und SRF online berichteten am 1. und 2. Juli 2025 darüber.
Künftige Versionen könnten stündliche Sonnenstände oder Wege mit geringer Steigung berücksichtigen und so den Mehrwert weiter steigern. Wir laden Touristiker und weitere Städte gerne zur Kooperation ein, um die Anwendung in weitere Regionen zu tragen.
Zur Webseite https://routing.osm.ch. Wähle „Foot (vampire)“, gib Start und Ziel ein (beide müssen innerhalb der Stadt Zürich liegen) und lasse dir die kühlste Route anzeigen.
Das im Mai 2020 gestartete Projekt „Defikarte“ (https://defikarte.ch/) hat in kurzer Zeit viel Aufmerksamkeit erlangt. Um mehr darüber zu erfahren, haben wir mit dem Initiant, Entwickler und Betreiber, Christian Nüssli, geredet.
Kannst du erklären, was Defis sind?
Defibrillatoren – auch genannt AEDs oder kurz „Defis“ – sind Geräte zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen durch Abgabe von Stromstössen. Man unterscheidet hier zwischen professionellen und Laien-Geräten. Die Laien-Geräte sind so gebaut, dass diese von jeder Person bedienbar sind. Deswegen spricht man von automatisierten externen Defibrillatoren (AED).
Wie bist du darauf gekommen, eine Defikarte zu machen?
Ich habe selber viel Freude am Mappen und den Möglichkeiten, die uns offene Kartendaten bieten, bekommen. Ich wollte OpenStreetMap (OSM) besser kennenlernen und Tools, die es gibt, um Daten zu erfassen oder zu analysieren, selber beibringen oder austesten. Da ich selber einfacher lerne, wenn ich dies mit einem praktischen Beispiel verbinde, habe ich mir ein Themengebiet gesucht, dass mir sinnvoll erschien. So bin ich bei den Defibrillatoren gelandet und habe mich voll auf das Thema konzentriert. Mein beruflicher Hintergrund half mir dabei auch noch, dieses Thema auszuwählen. Als ich dann andere Kantone bereiste, fiel mir auf, dass in einigen Kantonen die Defis sehr gut beschrieben sind, zum Beispiel an Ortseingängen, in anderen Kantonen gar nicht. Also dachte ich daran, eine schweizweite Übersichtskarte mit Hilfe von OSM zu machen.
War es einfach, diese Karte zu entwickeln?
Da die OSM-Community und freie Entwickler schon sehr viele gute Tools bereit hielten, war der Aufwand sehr überschaubar. Für die Hintergrundkarte und die Anzeige der Defis nutze ich uMap, für die Datenabfrage Overpass. Beide Services werden auf Servern von SOSM betrieben. Das motivierte mich auch in diesem Verein mitzumachen und meinen Beitrag zur Schweizer Community zu leisten. Ich versuche mich dort aktiv einzubringen. Ansonsten habe ich das Webseiten-Template selber programmiert und alles zusammengebracht. So entstand dann die Defikarte.ch. Es hat mich sehr gefreut, dass diese Domain noch frei war und ich diese nutzen konnte. Die Wiedererkennbarkeit der Karte war mir sehr wichtig.
Wie werden Defibrillatoren gemappt?
Ich achte darauf, alle Defis gleich zu mappen, vor allem die, die ich selber eintrage. Wenn ich über Defis stolpere, versuche ich gleich alle Tags (Attribute), die ich auch in der Karte anzeige, zu mappen. Von Grund auf verwende ich folgende Tags:
Tag
Value
emergency
defibrillator
defibrillator:location
Ort des Defibrillators
description
Beschreibung zum Defibrillator, alles was nützlich ist
opening_hours
24/7 effektive Öffnungszeiten Leer wenn unbekannt
access
yes/no/leer
phone
144
emergency:phone
144
Tabelle: Tags für einen Defibrillator-Standort.
Ich plane derzeit eine Seite nur dem Thema „How to Map a Defi“ zu entwickeln, welche ich auf der Karte sowie im OSM-Wiki anzeigen werde.
Du hast auf der Karte einen Knopf mit dem man Fehler oder fehlende Daten melden kann. Bekommst du viele Meldungen?
Am Anfang als die Karte die Runde machte, erhielt ich etwa 30 Meldungen am Tag. Da dies während der Corona-Massnahmen stattfand und ich dann auch noch Urlaub hatte, konnte ich die Menge gut bewältigen.
Hast du Werbung gemacht, dass du so viele Rückmeldungen erhalten hast?
Meine Werbung war eigentlich nur ein Post auf meiner Facebook Seite und in zwei rettungsdienstlichen Foren. Danach ging alles andere via Mund-zu-Mund Propaganda von selbst. Seit Kurzem betreibe ich zusätzlich noch eine Facebook-Seite für diese Karte. Es meldeten sich lokale Zeitungen bei mir für Interviews, was mich sehr freute und auch stolz gemacht hat. Ich hätte nie mit so einem Ansturm gerechnet.
Musst du viel Zeit investieren, um die Anfragen abzuarbeiten?
Es hängt sehr davon ab wie die Qualität der Meldungen ist. Diese sind recht unterschiedlich. Manche kommen mit Koordinaten, genauen Angaben, Öffnungszeiten usw. Andere sind sehr vage, dann muss ich mit Recherchen beginnen oder die Betreiber anschreiben. Das kostet mehr Aufwand, mir ist es aber wichtig, dass die Daten eine gewisse Qualität haben.
Konntest du auch schon Leute motivieren, die Defis selbst einzuzeichnen?
Ja, es haben sich schon einige User gemeldet, welche selber Defis eingetragen haben von sich aus und einfach eine Kontrolle wollten. Ich hoffe, mit der „How to map a Defi“-Seite noch mehr Leute zu motivieren OSM zu nutzen, auch für Anderes. Um die Hürde Defis zu melden möglichst klein zu halten finde ich es aber auch nicht so schlimm, die Defis selber einzutragen.
Hast du die Nutzungsstatistik mal analysiert? Wenn ja, gibt es da interessante Beobachtungen?
Ich habe keine Tools wie Google Analytics oder so in die Webseite eingebaut. Ich kenne nur den Traffic der Seite (d.h. Anzahl der Seiten-Aufrufe) und beobachte einen ansehnlichen Anstieg bei der mobilen Nutzung. Ich weiss aber, dass die Karte teilweise bereits in Notrufzentralen im Einsatz steht, was ich eine sehr schöne Nutzung der Karte finde.
Hast du schon ein nächstes Projekt?
Ich bleibe bei der Thematik „Defis“ und möchte noch mehr für Mobiles tun. Ich setze dabei auf eine Mobile-App-Entwicklung. Mit einem Kollegen zusammen wollen wir damit demnächst ein App realisieren. Es bleibt also spannend…